Auf den Punkt: Was ist die Aufgabe von Führung?

25. März 2020 von Philipp Scharff

In unse­ren Work­shops für und mit Führungskräfte/n beschäf­tigt uns diese Frage immer wieder. Heute teilen wir ein Modell mit Ihnen, das wir ausge­spro­chen nütz­lich finden:

Wir können uns zunächst auf der einen Seite eine Orga­ni­sa­tion vorstel­len. Eine Orga­ni­sa­tion gibt es, um eine bestimmte Aufgabe oder Mission zu erfül­len – etwa um Menschen von A nach B zu brin­gen (Bahn) oder um Menschen mit Bröt­chen zu versor­gen (Bäcke­rei). Wir spre­chen also von einem aufga­ben-orien­tier­ten System auf der einen Seite. Die Orga­ni­sa­tion strebt danach, sich selbst zu erhal­ten und ihre Aufga­ben zu erfül­len.

Nun können wir uns auf der ande­ren Seite Menschen vorstel­len. Menschen sind bedürf­nis-orien­tierte „Systeme“.  Sie stre­ben danach, ihre Bedürf­nisse zu befrie­di­gen. Damit sind nicht nur basale Bedürf­nisse gemeint (wie z.B. Geld verdie­nen, um Essen zu kaufen), sondern auch Bedürf­nisse, wie Zuge­hö­rig­keit zu einer Gemein­schaft, persön­li­che Entwick­lung, Beitrag zu einem größe­ren Sinn oder Auto­no­mie.

Führung kommt dann ins Spiel, wenn Orga­ni­sa­tio­nen und Menschen sich gegen­sei­tig brau­chen. Das tun sie nämlich nicht zwangs­läu­fig, denn Orga­ni­sa­tio­nen können bestimmte Aufga­ben auto­ma­ti­sie­ren; und Menschen können ihre Bedürf­nisse auch außer­halb von Orga­ni­sa­tio­nen befrie­di­gen (z.B. in selbst­stän­di­gen Tätig­kei­ten).

Foto mit dem blauen Kreis und dem grünen Kreis, wie sie sich miteinander verbunden haben

Dort, wo sich Orga­ni­sa­tion und Mensch also brau­chen, ist es die Aufgabe von Führung, beide Systeme mitein­an­der zu verbin­den und für Entschei­dungs­fä­hig­keit zu sorgen. Oder anders gesagt: Führung hat die Aufgabe, die Koope­ra­tion zwischen der aufga­ben-orien­tier­ten Orga­ni­sa­tion und dem bedürf­nis-orien­tier­ten Menschen zu gestal­ten und dafür zu sorgen, dass Entschei­dun­gen getrof­fen werden.

Dieses Modell von Führung hat einige weit­rei­chende Impli­ka­tio­nen:

  1. Führung sitzt zwischen allen Stüh­len und ein gewis­ses Span­nungs­ge­fühl ist unaus­weich­lich.
  2. Führung ist extrem kontext­ab­hän­gig – denn die Frage, welche Art von Koope­ra­ti­ons­ge­stal­tung nütz­lich ist, hängt sehr ab von der spezi­fi­schen Orga­ni­sa­tion (linke Seite) und dem jewei­li­gen Menschen (rechte Seite). Die Prokla­ma­tion von „dem einen rich­ti­gen Führungs­stil“ kann man also an dieser Stelle getrost verges­sen.
  3. Führung ist damit auch unvor­her­seh­bar, hoch dyna­misch und komplex – eine Aufgabe, für die es keine ferti­gen Koch­re­zepte geben kann, wenn wir Führung wirk­lich ernst nehmen.
  4. Führung als Gestal­tung von Verbin­dung und Koope­ra­tion bedeu­tet Augen­höhe bei gleich­zei­ti­ger Entschei­dungs­fä­hig­keit.

Für Menschen, die Führungs­auf­ga­ben wahr­neh­men, bedeu­tet das, dass drei Felder beson­ders rele­vant sind:

  1. Orga­ni­sa­ti­ons-Kunde: Damit meinen wir Konzepte und „Denk­mo­delle“ darüber, wie wir uns Orga­ni­sa­tio­nen erklä­ren können: Wie beein­fluss­bar sind Orga­ni­sa­tio­nen? Wie findet Verän­de­rung statt? Welche Rolle spielt „Kultur“? Wuss­ten Sie zum Beispiel, dass man Unter­neh­mens­kul­tur gar nicht willent­lich ziel­ge­nau verän­dern kann? Hier­für ist die System­theo­rie ein beson­ders nütz­li­ches Konzept, das wir nutzen und in unse­rer Arbeit mit Führungs­kräf­ten versteh- und anwend­bar machen.
  2. Menschen-Kunde: Damit meinen wir Wissen und Refle­xion darüber, wie wir uns das Verhal­ten von Menschen erklä­ren können. Das sind zum Beispiel Fragen wie: Was moti­viert Menschen? Wie kommu­ni­zie­ren Menschen? Welche Bedürf­nisse haben Menschen? Wuss­ten Sie zum Beispiel, dass sich unser Aufmerk­sam­keits­fo­kus (z.B.: Ich beschäf­tige mich eine Stunde lang mit dem Älter­wer­den.) nicht nur auf unsere Wahr­neh­mung, sondern bis hin zur Ausschüt­tung von Hormo­nen auswirkt? Hier dient uns die moderne Hirn­for­schung und die syste­misch-huma­nis­ti­sche Theo­rie als wich­ti­ger Hinter­grund.
  3. Ich-Kunde: Damit meinen wir die Muster und „Bril­len“, mit denen Führungs­kräfte auf sich selber, ihre Orga­ni­sa­tio­nen und die darin arbei­ten­den Menschen schauen. Was treibt mich an? Welche Stär­ken habe ich? Worauf richte ich häufig meine Aufmerk­sam­keit? Welche Aspekte von Koope­ra­ti­ons­ge­stal­tung fallen mir leicht – und welche finde ich schwie­rig? Kennen Sie zum Beispiel Ihre beson­de­ren Stär­ken und die Ihres Teams?
Foto in der Nacht mit fünf Menschen darauf und wandern

Diese Felder bear­bei­ten wir auch in unse­ren Program­men für Führungs­kräfte, die wir in vielen Unter­neh­men durch­füh­ren. Nähere Infor­ma­tio­nen finden Sie hier.
Wir bieten aber auch ein offe­nes Führungs­kräf­te­ent­wick­lungs­pro­gramm an, bei dem sich indi­vi­du­elle Führungs­kräfte aus allen Sekto­ren anmel­den können. Der nächste Durch­gang star­tet im August. Weitere Infor­ma­tio­nen dazu finden Sie hier.


Welche sind Ihre Heraus­for­de­run­gen als Führungs­kraft?
Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.