Energiemanagement und der achtsame Umgang mit unseren persönlichen Ressourcen
22. November 2018 von Lucia Stall
Dem Begriff Zeitmanagement wird zu recht häufig entgegengesetzt, dass wir Zeit nicht managen können. Die Zeit, die jedem/r von uns täglich, wöchentlich und jährlich zur Verfügung steht, ist exakt dieselbe und von uns nicht beeinflussbar. Anders ist es mit unserer Energie – auch diese hat Grenzen, aber wir können sie eher steuern und somit die Nutzung der uns zur Verfügung stehenden 24 Stunden sinnvoll gestalten.
In dem folgenden Blogartikel widmen wir uns zunächst einmal der vielleicht etwas skurril erscheinenden Frage, was wir von der Energieberatung der Wirtschaft für unseren eigenen Energiehaushalt lernen können und werfen dann einen Blick auf einen Ansatz, der beim Wie? im Umgang mit unserer eigenen Energie helfen kann.
Was können wir von der Branche „Energieberatung“ für uns selbst lernen?
In der Wirtschaft, insbesondere in der Industrie hat sich in den vergangenen Jahren eine an Bedeutung zunehmende Branche etabliert: das „Energiemanagement“, eine Ingenieurs- und Beratungsdienstleistung zur Förderung angestrebter Ziele innerhalb der Energiewende. Als Folge des technischen Fortschritts, den über Jahrzehnte rasant angestiegenen Produktionszahlen und dem daraus resultierenden unkontrollierten Verbrauch von natürlichen Energieträgern, wie z.B. Öl, Kohle und Gas, zeigen uns Klimawandel und Ressourcenknappheit immer deutlicher unsere Grenzen auf. Auch in der Gesellschaft sind die Auswirkungen eines „höher, schneller, mehr“ auf die Menschen durch Krankheiten wie Burnout nicht mehr zu ignorieren. Ein nachhaltiger Umgang mit unseren Ressourcen für Mensch und Natur ist also auf beiden Ebenen unabdingbar.
In der Wirtschaft sind es meist die gestiegenen Energiepreise oder die staatlichen Verordnungen, die die Unternehmen dazu bewegen sich gemeinsam mit Energieberater/innen den Fragen des Energiemanagements zu widmen. Werden Energieberater/innen beauftragt, so stellt den ersten und essentiellen Schritt die Bestandaufnahme, also eine Erfassung des aktuellen Energieverbrauchs sowie deren Quellen, dar. Die Energieverbräuche, die Leistungsspitzen, aber auch die äußeren Einflussfaktoren, wie z.B. Wetterdaten oder Produktionskennwerte, werden gemessen und transparent mithilfe von digitalen Monitoring- und Controllingsystemen dargestellt. Schon dieser erste Schritt macht häufig zuvor Unbekanntes sichtbar. Entsprechende Maßnahmen, wie Energiegewinnung aus nachhaltigen Quellen, den Energieverbrauch reduzierende technische Erneuerungen sowie die Fokussierung auf effiziente energiesparende Prozessveränderungen werden angegangen – oft ein aufwendiger Prozess.
Der Bereich des Energiemanagements ist mittlerweile sehr etabliert und laut Informationen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ist die Relevanz fast unumstritten – wenn es aber um uns selbst und den achtsamen Umgang mit unseren eigenen Ressourcen geht, ist das Bewusstsein über die Wichtigkeit noch längst nicht so durchgedrungen. Was können wir von den Energieberater/innen bezüglich unseres ganz persönlichen Energiemanagements lernen?
Systematische Selbsteinschätzung – ein Ansatz für mehr Selbstfürsorge
Zunächst einmal sollte auch bei uns Menschen genügend Zeit für die Analyse der individuellen „Ist-Situation“ eigeräumt werden, bevor wir Trends hinterherlaufen, die auf Bedarfe abgestimmt sind, welche wir gar nicht haben. Hilfreich ist hier das Modell der vier Lebensbereiche, welches auf Forschungen des Psychotherapeuten Dr. Nawid Peseschkian basiert. Dieser wurde in seinen Untersuchungen zu den gesundheitlichen Wechselwirkungen darauf aufmerksam, dass eine gleichverteilte Aufmerksamkeit auf insgesamt vier Lebensbereiche von hoher Bedeutung ist, um körperlichen und geistigen Erkrankungen entgegenzuwirken. Dabei kann es durchaus Lebensphasen geben, in denen einzelne Bereiche mehr oder weniger im Fokus stehen, hilfreich ist jedoch schon alleine, sich dessen bewusst zu sein.
Die vier Lebensbereiche nach Dr. Nawid Peseschkian
Während Energieberater/innen in der Industrie ganz objektiv anhand von energiebezogenen Messwerten und Kennzahlen Maßnahmen ermitteln und Potenziale darstellen, kann das persönliche Energiemanagement eher weniger auf messbare Größen zurückgreifen. Hier helfen vor allem die individuelle Reflexion und selbstverständlich der Austausch mit Freund/innen oder Kolleg/innen.
Für diese Selbsteinschätzung hilft ein systematischer Ansatz, ähnlich wie in der industriellen Energieberatung.
Schritt 1: Bestandsaufnahme – energetische Transparenz erzeugen
Wir empfehlen, die einzelnen Bereiche zunächst bewusst getrennt voneinander zu betrachten und sich jeweils Notizen zu machen. Mögliche Leitfragen können sein:
- Was ist mein überwiegendes Gefühl, wenn ich an diesen Bereich denke?
- Was in diesem Bereich gibt mir Energie?
- Was in diesem Bereich zehrt an meiner Energie?
Schritt 2: Gesamtbild – im Kontakt mit der eigenen Energie
Anschließend folgt ein Blick auf das gesamte Bild und die Zusammenhänge:
- Auf welchem/n Bereich/en liegt derzeit mein Fokus?
- Fühlt sich die derzeitige Gewichtung gut verteilt an oder sollte ein Bereich mehr/weniger im Mittelpunkt stehen?
- Gibt es zu einem derzeit energiefressenden Bereich einen anderen Bereich der den Energiehaushalt wieder auffüllt?
Schritt 3: Maßnahmen einleiten – kontinuierliche Selbstfürsorge
Im letzten Schritt geht es dann um die Ermittlung von abgestimmten Maßnahmen:
- Gibt es Energiequellen, die ich noch mehr zum Sprudeln bringen kann?
Kann ich in meinem Arbeitsalltag den Fokus auf die Aufgaben legen, die mir Kraft geben? Wann fühle ich mich besonders fit und wohl – nachdem ich Sport gemacht, Freunde getroffen, ein gutes Buch gelesen, Zeit mit meinen Kindern verbracht habe…? Wie kann ich mir für diese Erlebnisse ausreichen Zeit einräumen?
- Wo gibt es Energiefresser, die ich reduzieren kann? Welche energetischen Einflussfaktoren stören?
Wann bin ich besonders müde und antriebslos? Gehen dem bestimmte Situationen im Arbeitskontext oder mit der Familie voraus? Ist es vielleicht auch ein Hobby, welches ich in meiner Freizeit ausübe, welches mich aber mehr Kraft kostet als es mir gibt? Oder ist es vielleicht der eine Ernährungsplan, von dem alle schwärmen, der mich aber nur frustriert?
- Was nehme ich mir konkret vor? – Entwicklung eines Aktionsplans!
Ganz entscheidend ist hier das Prinzip der kleinen Schritte: Zu viele und überzogene Vorhaben verlaufen viel zu häufig im Sande und führen zu Frust. Besser ist es, sich kleine und realistische Schritte (siehe auch SMART Regel) vorzunehmen und lieber den Zeitpunkt für eine nächste Bestandsaufnahme festzulegen.
Im Gegensatz zum industriellen Energiemanagement bleibt auch das Ergebnis schwer quantifizierbar, es handelt sich um ein sehr persönliches und individuelles Lebensgefühl und am Ende um unsere Lebensqualität.
Sollten wir Ihr Interesse am achtsamen Umgang mit den eigenen Ressourcen geweckt haben, informieren Sie sich auch gern über unser Selbst- und Zeitmanagementtraining oder lesen Sie in weitere Artikel zum Thema Selbst- und Zeitmanagement.
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