Wettbewerbsvorteil durch Business Model Canvas?
30. März 2017 von David Koschel
Hauptwettbewerbsvorteil ist heutzutage nicht notwendigerweise die bessere Technologie, sondern das bessere Geschäftsmodell – so die Eingangsthese von Alexander Osterwalder beim Business Model Canvas Workshop in Berlin, den ich vor ein paar Tagen nebst 110 weiteren Teilnehmenden besuchte. Kodak diente dabei als eines der viel zitierten Beispiele und Belege für diese These, da Kodak zwar bei der technologischen Entwicklung der Digitalkamera führend war, in der Vermarktung den Start aber verschlafen hatte und die Konkurrenz nicht mehr einholen konnte.
Weiterer Beleg: 7 von 10 Produktinnovationen schaffen es nicht in den Markt [1]. Da kann das Produkt noch so innovativ sein, wenn unklar bleibt: a) Braucht das die Nutzerin überhaupt? b) Wird es den Nutzer*innen auch mundgerecht serviert? c) Rechnet sich das Ganze eigentlich?
Kardinalfehler bei der Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle
Alex Osterwalder, Co-Autor des Bestsellers Business Model Generation und Trainer des Workshops, schreibt vielen Firmen in diesem Kontext zwei Kardinalfehler zu: Erstens investieren die großen Konzerne weiterhin Milliarden in Technologie-Entwicklung, also R&D, verschwindend gering aber in die Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Zweitens fokussieren sich viele Firmen weiterhin vorrangig auf die Optimierung existierender Geschäftsmodelle („improve“), anstatt die Entwicklung neuer, alternativer Geschäftsmodelle, die sie auf die Zukunft vorbereiten („invent“), voranzutreiben.
Zu genannten Thesen schwirren unterschiedliche Studien im Netz herum, die im Grunde die Thesen klar belegen. Mein persönlicher Beleg: Das Workshop-Publikum, weitgehend von Unternehmen jenseits der 10,000-Mitarbeiter*innen-Grenze kommend, nickte beim Vortrag einhellig und schwungvoll.
Innovative Geschäftsmodellentwicklung – Alexander Osterwalder gibt Anregungen
Was braucht es aber dann für innovative Geschäftsmodellentwicklung? – diese Frage wurde im Workshop anhand des mittlerweile bekannten Business Model Canvas vertieft. Hier schnappte ich vier Gedanken auf:
- Erstens, eine grundsätzliche andere Geschäftslogik in Teilen des Unternehmens, nämlich die des Explorierens und Erkundens, nicht die des Optimierens und Planens. Experimentelles Entwickeln von Business Modellen, kein akribisches Berechnen und Formulieren von mehrseitigen Business-Plänen.
- Zweitens, eine Professionalisierung von Innovation muss her. Da musste ich dann wiederum innerlich heftig nicken – aus eigener Beratererfahrung. Ein zweitägiger Innovations-Workshop allein verändert ein Unternehmen nicht und stellt in auch sicher noch keine Innovationsoffensive dar. Er kann ein sinnvoller Startpunkt sein, eine Methode vermitteln und einüben, Energie schaffen. Aber danach bedarf es, wie für andere strategische Prioritäten im Unternehmen, einem „Butter bei die Fische“ und einer institutionellen Verankerung.
- Drittens, eine Organisationskultur, die Fehler zulässt und diese als Entwicklungsgenerator willkommen heißt, anstelle einer Kultur, in der Fehler gleichbedeutend für Schwäche, Inkompetenz oder Krise stehen.
- Viertens und letztens, zukunftsfähige Geschäftsmodelle entstehen nicht am Reißbrett, sondern im Kontakt mit dem Nutzer, in interdisziplinären Teams, in schnellen kurzen Entwicklungszyklen, wie sie der Design-Thinking-Ansatz nahelegt.
Ein lohnenswerter Workshop – und mit dem vorgestellten Instrument Business Model Canvas haben wir bereits vielen Kund*innen aus unterschiedlichen Bereichen geholfen, ein klareres Bild über ihren Nutzendenmehrwert sowie ihr Geschäftsmodell zu erlangen und neue innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln (u.a. beim Agri-Hackathon im Senegal). Nicht zuletzt haben wir selbst bei denkmodell unsere eigene Geschäftslogik anhand der Canvas durchgespielt und weiterentwickelt.
Siehe auch:
[1] Siehe u.a. Nielsen Breakthrough Innovation Report 2015