Zeit­ma­nage­ment meint nicht Selbst­op­ti­mie­rung

30. Juli 2018 von Desiree Bösemüller

Zeit­ma­nage­ment klingt oft erst­mal nach Selbst­op­ti­mie­rung, viel Arbeit und Anstren­gung – dabei soll es genau das Gegen­teil errei­chen: Stress und Druck nehmen, mehr Zeit für Freude und Genuss schaf­fen. Denn eines ist beim Zeit­ma­nage­ment gesetzt – selbst wenn sich die Welt gefühlt schnel­ler dreht, Aufga­ben zuneh­men und komple­xer werden – die Zeit, die uns zur Verfü­gung steht, wird die glei­che blei­ben. Es geht daher um einen sinn­vol­len Umgang mit dieser verfüg­ba­ren Zeit – ein paar Impulse zum Thema Zeit­ma­nage­ment bzw. Zeit­ge­stal­tung teilen wir in diesem Blog mit Ihnen.

Das A und O im Zeit­ma­nage­ment

Zeit­ma­nage­ment fängt (wieder einmal) bei uns selbst an. Die beste Methode nützt nichts, wenn sie nicht zu uns passt. Es gibt verschie­denste Tests, um heraus­zu­fin­den, welchen groben, verein­fach­ten Kate­go­rien unser Verhal­ten zuge­ord­net werden kann (meist sind 1–2 Kate­go­rien domi­nant). Ist uns also eher Struk­tur, Analyse, hoher Detail­grad wich­tig, eine harmo­ni­sche Bezie­hung zu unse­ren Mitmen­schen oder ein schnel­les „ins Tun kommen“, auspro­bie­ren, expe­ri­men­tie­ren. Je nach Kate­go­rie bevor­zu­gen wir ggf. auch andere Zeit­ma­nage­ment-Metho­den. Für die Struk­tur-Lieb­ha­ber/in­nen unter uns ist das Erstel­len und Abar­bei­ten von To-Do-Listen ein Kinder­spiel, während der krea­tive Kopf mit einer bunten Post-It-Samm­lung an zu erle­di­gen­den Aufga­ben endet – die dann erst­mal eine Prio­ri­sie­rung brau­chen, denn in einen Kalen­der mit Termin­fris­ten passen diese Aufga­ben nicht.

Bei denk­mo­dell arbei­ten wir an dieser Stelle gern mit dem Stab­test von Ed Schein sowie den inne­ren Antrei­bern die auf der Trans­ak­ti­ons­ana­lyse von Eric Bern und Thomas A. Harris basie­ren. Es gibt aller­dings auch eine Viel­zahl an kosten­freien (unli­zen­zier­ten) Tests, um eine erste grobe Orien­tie­rung über die eige­nen Tenden­zen zu bekom­men – wie beispiels­weise den „Chaot oder Systematiker“-Test von Cordula Nuss­baum.

Inne­hal­ten: Planung, Wirk­lich­keit & Refle­xion

Ob syste­ma­tisch oder chao­tisch, wir alle arbei­ten vermut­lich mitt­ler­weile eher in komple­xen, oft sehr flexi­blen Arbeits­kon­tex­ten, in den Aufga­ben auch mal spon­tan anfal­len und ein Tag nicht strin­gent plan­bar ist. Wir bauen uns oft keine Puffer­zei­ten für spon­tan anfal­lende Aufga­ben ein und unter­schät­zen zugleich noch die Zeit, die wir zur Bewäl­ti­gung einer Aufgabe benö­ti­gen. Dies hat zur Folge, dass wir uns für den Tag zu viel vorneh­men und anschlie­ßend frus­triert sind, wenn wir die gesteck­ten Ziele nicht errei­chen. Wir wollen hier Frust abbauen und schla­gen vor: Nehmen Sie sich am Ende eines jeden Tages ein paar Minu­ten (10 Minu­ten reichen zu Beginn sicher aus), holen Sie Ihre To-Dos vom Tages­be­ginn hervor und werfen Sie einen Blick auf die erle­dig­ten Aufga­ben. Was haben Sie geschafft? Welche spon­ta­nen Aufga­ben kamen hinzu? Wie viel Zeit haben die Aufga­ben etwa jeweils in Anspruch genom­men? Was waren dabei Ener­gie­brin­ger (wo fühl­ten Sie sich danach moti­viert)? Welche Aufga­ben waren wich­tig – für Sie, für das Unter­neh­men, für Mitmen­schen? Werden Sie sich bewusst, womit Sie jeden Tag Zeit verbrin­gen und schauen Sie, an welchen Stel­len Aufga­ben insbe­son­dere weder wich­tig noch ener­gie­brin­gend waren. Befreien Sie sich von diesen!

Planen Sie zudem ausrei­chen Puffer­zei­ten ein, Unvor­her­ge­se­he­nes passiert tagtäg­lich und sollte Ihnen nicht die Freude nehmen.

Start-Ener­gie nutzen: Die 72-Stun­den-Regel

Noch ein ganz prak­ti­scher Hinweis, damit Ihr Zeit­ma­nage­ment ins Rollen kommt. Hier­bei handelt es sich nicht um eine wissen­schaft­lich fundierte Regel, sondern eher um ein Prin­zip. Es besagt, dass ich mit der Umset­zung, von dem, was ich mir vorge­nom­men habe, inner­halb der nächs­ten 72 Stun­den begin­nen sollte, ansons­ten liegen die Aussich­ten auf Umset­zung bei etwa 1%. Konkret heißt das: Wenn schnell erste Schritte Rich­tung Umset­zung ange­gan­gen werden, ist das Ziel in nicht allzu weiter Ferne und die Moti­va­tion für die Aufgabe bleibt hoch. Es kann sich dabei durch­aus zunächst um kleine Schritte handeln, wich­tig ist, dass etwas in Gang gesetzt wird. Hier also der Appell: Setzen Sie nicht auf Perfek­tion, sondern um kleine erste Schritte ohne großen Zeit­in­vest „better done than perfect“. Eine schöne Über­lei­tung zur nächs­ten Empfeh­lung…

Zeit­ma­nage­ment mit Methode: Getting Things Done

An dieser Stelle noch ein Impuls, wie die Struk­tu­rie­rung und Prio­ri­sie­rung der Aufga­ben ausse­hen könnte: David Allen hat eine Selbst­ma­nage­ment-Methode entwi­ckelt, die in unter­schied­li­cher Ausprä­gung weit verbrei­tet ist. Getting Things Done zielt darauf ab, ein befrei­en­des Arbei­ten zu ermög­li­chen. Das Grund­prin­zip ist, alle anste­hen­den Aufga­ben gemäß einer gewis­sen Logik fest­zu­hal­ten und dadurch den Kopf frei zu bekom­men.

Schritt­folge

  1. Erfas­sen: Alle Aufga­ben, Termine und unge­klärte Frage­stel­lun­gen müssen vom Kopf in ein System (z.B. einer Liste) erfasst werden.
  2. Durch­ar­bei­ten: Die Aufga­ben soll­ten regel­mä­ßig durch­ge­ar­bei­tet – und Erle­dig­tes von der Liste entfernt werden. Aufga­ben, die weni­ger als 2 Minu­ten in Anspruch nehmen, werden direkt erle­digt.
  3. Orga­ni­sie­ren: Wich­tig ist, alles rich­tig zuzu­ord­nen:
    1. Termine kommen in den Kalen­der.
    2. Aufga­ben in eine Liste – eine je Kontext, in dem Sie bear­bei­tet werden.
    3. Alle Dinge, die mehr als einen Hand­lungs­schritt benö­ti­gen, sind Projekte. Diese komple­xe­ren Abläufe werden sepa­rat bear­bei­tet und idea­ler­weise in Unter­auf­ga­ben herun­ter­ge­bro­chen. Oft sind hier andere Perso­nen invol­viert.
    4. Die Ablage ist für alle wich­ti­gen Dinge da, die keine weitere Bear­bei­tung brau­chen – aber nicht gelöscht oder entfernt werden können.
    5. Aufga­ben, die Sie aktu­ell nicht bear­bei­ten müssen, werden in eine „Irgendwann“-Liste verscho­ben.
  4. Durch­sicht: Sie soll­ten regel­mä­ßig alle anste­hen­den Aufga­ben durch­se­hen. Idea­ler­weise star­tet Ihr Arbeits­tag mit einer Tages­pla­nung und Durch­sicht aller offe­nen Aufga­ben (ca. 15min) – bevor irgend­et­was bear­bei­tet wird. Anschlie­ßend prüfen Sie den Kalen­der. Planen Sie am Ende der Woche einen Wochen­rück­blick, bei dem Sie Aufga­ben termi­nie­ren und unwich­ti­ges entfer­nen oder auf „Irgend­wann“ verschie­ben.
  5. Umset­zung: Bei der Umset­zung soll­ten Sie darauf achten, sich jeweils nur auf eine Aufgabe zu fokus­sie­ren. Beach­ten Sie außer­dem Ihre indi­vi­du­elle Leis­tungs­kurve im Tages­ver­lauf. Nutzen Sie dabei Ihre Konzen­tra­ti­ons­zeit entspre­chend für Aufga­ben, die Ihre volle Konzen­tra­tion erfor­dern und stel­len Sie in diesen Zeiten Störun­gen ab.

Die leere Mail­box: Inbox Zero

Und wem das noch nicht genug ist, dem/der empfeh­len wir eine weitere kleine Methode zum Auspro­bie­ren: Inbox Zero. Endlich einen leeren Post­ein­gang im E‑Mailkonto. Merlin Mann hat dieses Prin­zip in die Welt gebracht. Er empfiehlt:

  • Antwor­ten: Alle E‑Mails, die in fünf Minu­ten beant­wort­bar sind, einfach beant­wor­ten
  • Aktion / To Do: Für alle E‑Mails, die eine etwas längere Zeit zum Beant­wor­ten brau­chen oder die eine Aufgabe beinhal­ten (z.B. Fest­hal­ten auf einer To-Do-Liste)
  • In den Mail­ord­ner Irgend­wann / Halten verschie­ben: Für E‑Mails mit Infor­ma­tio­nen, die Sie griff­be­reit haben wollen (z.B. News­let­ter, die Sie später mal lesen möch­ten)
  • In den Mail­ord­ner Warten verschie­ben: Für E‑Mails, bei denen Sie auf Antwort warten oder deren Bear­bei­tung Sie dele­giert haben
  • In den Mail­ord­ner Archiv verschie­ben: Für E‑Mails, die Sie bear­bei­tet haben, aber aufbe­wah­ren möch­ten

Wir empfeh­len bei dieser Methode, den eige­nen Tages-Ener­gie-Verlauf mal unter die Lupe zu nehmen. Ich beispiels­weise nutze mein Mittags­tief, um in mein Mail­post­fach zu schauen, die E‑Mails, die weni­ger als fünf Minu­ten dauern, direkt zu beant­wor­ten, Aufga­ben aus Mails zu über­tra­gen und andere Mails in dazu­ge­hö­rige Ordner zu verschie­ben (bei mir sind das dann meist Mail-Projek­torder statt eines allge­mei­nen Archivs oder Ordner wie „Lese­ma­te­rial“). Ein Hinweis an dieser Stelle: Sollte Ihre 5‑Mi­nu­ten-Beant­wor­ten-Mail eben­falls direkt beant­wor­tet werden und ein Ping-Pong-Mail-Abtausch entste­hen: Grei­fen Sie zum Tele­fon­hö­rer, das geht oft schnel­ler.

Insge­samt empfeh­len wir, das Mail­pro­gramm nur 2–3 Mal am Tag zu öffnen und die Benach­rich­ti­gun­gen „neue Mail“ abzu­schal­ten – das lenkt nur ab.

Prin­zi­pien für das eigene Zeit­ma­nage­ment

Foto von einem zur hälfte abgebildetem Timer

Bei all diesen Regeln und Metho­den legen wir Ihnen zuletzt noch ein paar Prin­zi­pien (der eher allge­mei­nen Art) ans Herz:

  • Schrift­lich­keit: Entlas­ten Sie Ihren Kopf und behal­ten Sie den Über­blick. Ob bunt und chao­tisch oder sortiert und struk­tu­riert, Haupt­sa­che es ist verschrift­licht.
  • Regel­mä­ßig­keit: Routi­nen helfen schwie­rige Prozesse zu verein­fa­chen und zur Gewohn­heit werden zu lassen. Für manche bedeu­tet Routine in diesem Fall auch eine regel­mä­ßige Abwechs­lung an neuen Zeit­ma­nage­ment Metho­den. Immer wieder neue Impulse dazu einho­len.
  • Einfach­heit: Je einfa­cher, desto eher über­ste­hen Sie auch stres­sige Phasen. Machen Sie es also nicht perfekt, sondern über­haupt – gern auch mit klei­nen Schrit­ten und wenig Zeit­in­vest.
  • Passung: Es gibt nicht die Methode, deswe­gen müssen Sie die Methode an Ihre Bedarfe anpas­sen. Seien Sie acht­sam mit sich selbst – was hilft Ihnen?
  • Trai­ning: Üben, üben, üben und schauen, wo es hakt und nach­bes­sern, bis Sie eine Methode haben, die für Sie selbst gut funk­tio­niert.

Wir hoffen, dass wir Ihnen in diesem Beitrag ein paar Impulse für Ihr eige­nes Zeit­ma­nage­ment geben konn­ten. Berich­ten Sie gern von Stol­per­stei­nen oder Glücks­mo­men­ten – wir freuen uns über Kommen­tare oder Mails.

Möch­ten Sie über Selbst- und Zeit­ma­nage­ment-Metho­den erfah­ren – dann empfeh­len wir Ihnen unser Trai­ning Zeit- und Selbst­ma­nage­ment: als offe­nes Trai­ning oder Inhouse in ihrer Orga­ni­sa­tion, virtu­ell oder in Präsenz. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!