„Die Lösungen liegen immer schon in den Köpfen der Beteiligten“
2. März 2023 von Kirsten Mieves
Steffen, warum bist du Organisationsentwickler geworden?
Ich habe Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut studiert und war im Anschluss dort Trainer für Design Thinking, Change, Strategie-Implementierung und Innovationsmanagement. Damit war ich in einer Art Beraterrolle und habe einen Unterbau gesucht, wollte wissen, was es links und rechts noch gibt. 2017 habe ich dann eine Ausbildung für Organisationsentwicklung gemacht.
Wie hängen Design Thinking und Organisationsentwicklung für dich zusammen?
Zunächst ist es so, dass es viele Überschneidungen zwischen Design Thinking und systemischer Organisationsentwicklung gibt: Bei beiden geht es um das Innere der Menschen, iteratives Handeln, Strategieentwicklung und Kommunikation in komplexen Prozessen.
Zudem war Design Thinking für mich wie ein Trojanisches Pferd, das ganz viel ins Rollen gebracht hat. Von: „Wir machen hier nur Design Thinking“ zu: „Wie hängen die Dinge voneinander ab, welche Auswirkungen haben sie?“ Komplexe Systeme begeistern mich. Ich fand Organisationen schon immer spannend, weil sich dutzende, hunderte oder tausende Menschen organisieren müssen, um eine Vision zu verfolgen. Du schraubst hier an einer Stelle, und da hinten passiert etwas. Man muss Abhängigkeiten und Einflüsse immer wieder neu ausloten, kann sich nicht auf ein Rezept verlassen. Und da kommt die Organisationsentwicklung ins Spiel.
Was macht dir besonders Spaß an der Organisationsentwicklung?
Durch Impulse mitzugestalten! Chancen und Ideen durch meine Anwesenheit sichtbar zu machen. Und dann zu sehen, wie sich da eine Richtung ändert oder etwas verbessert wird. Wenn ich dazu beitragen kann, dass die Menschen glücklicher sind und gern arbeiten. Es gibt nichts Produktiveres als einen glücklichen Mitarbeiter oder eine glückliche Mitarbeiterin. Dafür ist entscheidend, dass man sich zwischenmenschlich begegnet und sich fragt: Was können wir tun, damit wir gut zusammenarbeiten können? Und wenn alle gerne machen, was sie tun, dann braucht‘s mich gar nicht mehr. Und das wäre auch schön (lacht).
„Es gibt nichts Produktiveres als glückliche Mitarbeitende.“
Was siehst du aktuell als die größten Schmerzpunkte?
Auf der individuellen Ebene: Viele Menschen sind nicht achtsam und erlauben sich nicht, in Ruhe Kraft zu schöpfen und dann ihre Aufgaben zu machen. Sie hetzen ihren Aufgaben hinterher und haben keine Kapazitäten mehr. Sie schleppen ihren Rucksack der Vergangenheit mit, anstatt ihn mal abzuwerfen und im Hier und Jetzt zu sein.
Auf Teamebene gelingt es oft nicht, das Verständnis für den anderen in das eigene Verhalten mit aufzunehmen. „Ja, ich versteh dich ja, aber hör mir jetzt mal zu!“ ist ein Satz, den ich oft höre. Anstatt zu sagen: „Ich nehme mir jetzt Zeit für deinen Standpunkt.“ Ich muss mir das ja nicht anziehen, aber ich muss erstmal zuhören und versuchen, die Gründe des anderen nachzuvollziehen. Daran hapert es oft: an empathischer Kommunikation im Team.
In der Gesamtorganisation ist es oft so, dass Geld und Gewinnmaximierung als Wert gesehen werden, aber nicht der Wert an sich. Ich höre oft: „Wir müssen ja Geld verdienen!“ Und frage mich: „Und warum macht ihr speziell das hier, um Geld zu verdienen? Konzentrieren wir uns doch auf die Wertschöpfung, auf das, was Synergien und Mehrwerte schafft.“ Große Firmen mit starken Werten und friedlichen Beziehungen können riesengroße Effektivitätsmaschinen sein. Deshalb finde ich Unternehmen auch besonders spannend.
Wie kannst du als Organisationsentwickler Unternehmen am besten unterstützen?
Das Ziel meiner Beratung ist, Unternehmen zukunftssicher aufzustellen. Sie robust zu machen für eine lange Zeitspanne. Als Berater braucht man den Blick fürs große Ganze und Achtsamkeit für Details. Man muss zuhören können. Und braucht Empathie für das, was alles hochkommt. Die Lösungen für die Herausforderungen liegen immer schon in den Köpfen der Beteiligten. Man geht mit Vertrauen und Methode an die Menschen heran und macht klar: „Wir entwickeln das jetzt hier gemeinsam“. Wie ein Lotse auf einem Boot in schwierigem Fahrwasser: „Du kennst dein Schiff, ich kenne das Fahrwasser und habe Navigationsinstrumente – zusammen navigieren wir hier durch, und dann steige ich wieder von Bord.“