Mediation & der konstruktive Umgang mit Konflikten – im Gespräch mit Kristin Kirchhoff
12. April 2018 von Carla Riedel
Konflikte treten in allen Lebensbereichen auf. Auch im Arbeitsalltag können sie sehr belastend wirken und sogar krank machen, wenn wir nicht konstruktiv mit ihnen umgehen. Dies wird immer wieder in unserer Arbeit deutlich, wenn wir Organisationen bei Veränderungen begleiten. So treffen in Teams unterschiedliche Persönlichkeiten, Hintergründe und Werte aufeinander , weshalb es nicht verwundert, dass insbesondere hier ein hohes Konfliktpotenzial besteht. Der konstruktive Umgang damit ist dabei das Entscheidende. Wir unterstützen unsere Kunden eigenverantwortlich eine nachhaltige Lösung zu entwickeln und die Konfliktlösungskompetenz aller Beteiligten langfristig zu stärken. Dadurch legen wir gemeinsam die Grundlage für eine neue Kommunikationskultur und eine Verbesserung des Betriebsklimas. Bei denkmodell beschäftigen wir uns mit diesen Themen aktuell an verschiedenen Stellen – u.a. in der Teamentwicklung, bei selbstorganisierten Teams und im Rahmen von Diversity Projekten – und sammeln dabei auch immer gern Impulse und Anregungen anderer Expert/innen.
Wir freuen uns, unser Gespräch mit Kristin Kirchhoff, die die Arbeit an und mit Konflikten zu ihrem Beruf und ihrer Berufung gemacht hat, in diesem Blogbeitrag mit Ihnen zu teilen.
Du bist eine der jüngsten Ausbilderinnen des Bundesverband MEDIATION e.V. (BM) für Mediator/innen Deutschlands. Wie ist es dazu gekommen?
Ich hatte schon immer ein großes Interesse an der Dynamik von Konflikten und Prozessen. Mich trieben Fragen um, wie es gelingen kann Menschen im Konfliktfall in einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe zu bringen. Während meines Studiums der Betriebswirtschaftslehre beschäftigte ich mich mit der Frage, wie sich eine Kultur des Miteinanders auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen und Organisationen auswirkt. Mediation steht für Meinungsvielfalt und Perspektiven und Selbstverantwortung, Vertrauen, Offenheit und Entwicklung gehören ebenso zum Selbstverständnis der Mediation. Mir wurde bewusst, dass über Empathie, Integration und Inklusion vielfältiger Ansichten nachhaltige Lösungen gefunden werden können und Wachstum entstehen kann. Darüber kam ich an die Mediation.
Gepackt von der Neugierde, wie ein Mediationsprozess abläuft, stürzte ich mich in die Mediationsausbildung. Seitdem ließ mich der Gedanke im Konfliktfall wirksam zu sein, nicht mehr los. Ich mediierte zahlreiche Konflikte in Unternehmen. Zwischen zwei Leuten und in Teams sowie größeren Gruppen. Ich begleitete Organisationen über längere Zeiträume und konnte so die Nachhaltigkeit sowie Wirkungen selbst erfahren. Irgendwann entstand in mir der Wunsch andere Menschen zu Mediator/-innen auszubilden. Dank der Unterstützung meines damaligen Ausbildungsinstitutes, durfte ich in verschiedenen Ausbildungen unterstützen und erfüllte anschließend die Voraussetzungen, um vom Bundesverband Mediation e.V. als Ausbilderin BM anerkannt zu werden. Nun vermittle ich sämtliche Kompetenzen der alternativen Konfliktlösung an zukünftige Mediator/-innen. Was gibt es sinnstiftenderes in diesen unruhigen Zeiten?
Womit beschäftigst du dich, neben der Ausbildung von Meditor/innen, noch beruflich?
Neben der Ausbildung von Mediator/innen mediiere ich nach wie vor zahlreiche Konflikte in Unternehmen und Organisationen. Ebenso implementiere ich Konfliktmanagementsysteme und konzipiere bedürfnisorientierte Workshops für Firmen.
Seit letztem Jahr unterstütze ich als Prozessmanagerin für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (IHK), aus der arbeitsschutzgesetzlichen Pflicht (vgl. § 5 ArbSchG. Absatz 3 Nr. 6) eine Chance für Unternehmen und Organisationen zu machen. Von der Vorbereitung über die Ermittlung und Beurteilung der psychischen Belastung der Mitarbeitenden bis zur Maßnahmenableitung, Wirksamkeitskontrolle und Dokumentation, stehe ich beratend zur Seite.
Seit Januar diesen Jahres bin ich nun bei unternehmensWert:Mensch in allen vier Handlungsfeldern (Personalführung, Chancengleichheit & Diversity, Gesundheit, Wissen & Kompetenz) als Prozessberaterin autorisiert. unternehmensWert:Mensch ist ein Programm, dass durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie den Europäischen Sozialfonds gefördert wird und kleine sowie mittlere Unternehmen niedrigschwellig bei der Gestaltung einer zukunftsgerechten Personalpolitik unterstützt. Unternehmen erhalten für Beratungsleistungen eine Förderung von 50–80%. (Im Übrigen sind auch wir von denkmodell mit Prozessberater/innen bei unternehmensWert:Mensch registriert).
Da ich in meinem Arbeitsalltag häufig erlebe, wie herausfordernd es oft für Erwachsene ist, in Konfliktsituationen offen über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, erkannte ich, dass wir im Kindesalter bereits damit anfangen müssen. Ich setze mich daher an Schulen dafür ein, dass „Harmonie“ kein erstrebenswertes Ziel ist, sondern dass der Fokus auf dem Aufbau einer Kommunikations- und Konfliktkultur liegen sollte, in der jede/r in seiner Individualität Platz findet. Ich befähige Lehrer/innen und Pädagog/innen ihre Schüler/innen zu Mini-Mediatoren auszubilden und erlebe mit welcher Selbstverständlichkeit, Empathie und mit welchem Mut diese kleinen Freidenker/innen in Konfliktsituationen gehen und es schaffen gemeinsame Lösungen zu entwickeln.
Was treibt dich an?
Meine Arbeit steckt voller Emotionen, das macht sie so einzigartig. Wenn ich in die Mediation oder Beratungsprozesse gehe, liegt oft Unsicherheit und Anspannung in der Luft. Häufig sind die Leute wütend, verzweifelt, traurig oder einfach nur ratlos. Den Prozess zu begleiten, diesen Dingen auf den Grund zu gehen, am Ende zu erleben, wie die Anspannung der Erleichterung weicht und die Menschen es schaffen, neue Perspektiven zu entdecken und eigenverantwortliche Lösungen zu finden – das treibt mich an.
Du bist Leiterin der Regionalgruppe des Bundesverbandes MEDIATION für Berlin und Brandenburg. Wofür stehst du an dieser Stelle?
Ja, seit 2015 gehöre ich zu dem Leitungsteam der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg des Bundesverbandes MEDIATION e.V. Unsere Ziele sind: (1) die Entwicklung und Verbreitung von Mediation in der Gesellschaft, (2) Qualitätssicherung des Verfahrens sowie (3) die Vertretung des Bundesverbandes MEDIATION e.V. in der Region Berlin-Brandenburg. Aktuell organisieren wir erneut den Internationalen Tag der Mediation am 18. Juni 2018 zum Thema „Was macht Macht? – Politik. Gesellschaft. Mediation“. Mediation und mediative Kompetenz erlauben Unterschiede zu besprechen, ohne komplexe Zusammenhänge auf Schlagworte und Parolen zu reduzieren. Daher wollen wir in diesem Jahr, im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Medien ausloten, was Mediation im politischen Geschehen bewirken kann.
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Kristin! Wir sind schon gespannt auf die weiteren Entwicklungen und werden mit dir im Gespräch bleiben.
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