Moti­va­tion – was uns wirk­lich antreibt

21. Februar 2017 von Julian-G. Mehler

Ob in Trai­nings- oder Bera­tungs­kon­tex­ten, immer wieder kommt das Thema „Moti­va­tion“ auf. Zuletzt bei der Durch­füh­rung eines unse­rer Programme der Führungs­kräf­te­ent­wick­lung, das wir in den nächs­ten zwei Jahren mit mehre­ren Hundert Führungs­kräf­ten im Bereich Pflege durch­füh­ren. Ein Bereich, der viele der aktu­el­len Heraus­for­de­run­gen bündelt: Fach­kräf­te­man­gel, hohe Belas­tun­gen am Arbeits­platz, beschränkte Mittel…

Wie kann ich als Führungs­kraft dennoch Mitarbeiter*innen moti­vie­ren? Oder besser gefragt: Wie kann ich Rahmen­be­din­gun­gen schaf­fen, in denen Menschen moti­viert arbei­ten möch­ten? Das bereits 2010 erschie­nene Buch „Drive: The Surpri­sing Truth About What Moti­va­tes Us“ von Daniel H. Pink liefert span­nende Antwor­ten auf diese Fragen. Einige davon möch­ten wir in diesem Beitrag mit Ihnen teilen:

Warum moti­vie­ren finan­zi­elle Anreize nicht?

Photo von zwei gemalten Gesichter, das eine traurig, das andere lächelnd, mit einem Pfeil vom traurigen zum lächelnden Gesicht.

Der Autor fragt sich: Was treibt uns wirk­lich an bei der Arbeit? Dieser Frage nach­ge­hend, wertet Pink für sein Buch Studien aus und setzt die Erkennt­nisse ins Verhält­nis von Führungs­ver­hal­ten und Struk­tu­ren in Orga­ni­sa­tio­nen. Seine schluss­fol­gernde Erkennt­nis: Längst habe die Wissen­schaft belegt, dass eine auf dem Prin­zip „Zucker­brot und Peit­sche“ basie­rende Stra­te­gie der Leis­tungs­stei­ge­rung ein Auslauf­mo­dell ist. Dazu gehö­ren auch finan­zi­elle Anreize unter­schied­lichs­ter Art (Gehalts­er­hö­hun­gen, Provi­sio­nen, etc.), die laut Pink nur bei mecha­ni­scher Arbeit bzw. Routi­ne­auf­ga­ben zu einer Leis­tungs­stei­ge­rung führen. Ist jedoch kogni­tive Arbeit gefragt, redu­zie­ren finan­zi­elle Anreize sogar die Leis­tung. Warum? Weil ein finan­zi­el­ler Anreiz den Fokus verengt und Mitar­bei­tende dazu verlei­tet „tunnel­blick­ar­tig“ auf ein fest gesetz­tes Ziel hinzu­ar­bei­ten – alter­na­tive Lösun­gen, Quali­tät und Krea­ti­vi­tät blei­ben dabei auf der Stre­cke.

Die Zahl der „Routi­ne­auf­ga­ben“ geht jedoch immer weiter zurück – zuneh­mend brau­chen wir Mitar­bei­tende, die mitden­ken, quer­den­ken, Dinge hinter­fra­gen und flexi­bel mit verän­der­ten Rahmen­be­din­gun­gen umge­hen. Wie geht das und was moti­viert dann dauer­haft, wenn nicht das liebe Geld?

Was moti­viert dauer­haft?

Was wirk­lich moti­viert und die Leis­tung kogni­ti­ver Arbeit lang­fris­tig stei­gert, sind nach Pink im Wesent­li­chen folgende Fakto­ren:

  • Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten (auto­nomy): Menschen brau­chen Hand­lungs­spiel­räume, die sie eigen­stän­dig gestal­ten können, um sich zu entfal­ten.
  • Freude am Können (mastery): Menschen empfin­den Freude und fühlen sich bestä­tigt, wenn Sie das, was sie machen, beherr­schen und gut können.
  • Sinn­stif­tung (purpose): Menschen möch­ten in ihrem tägli­chen Handeln Bedeu­tun­gen verwirk­licht sehen, die über bloßen Eigen­nutz und Aufga­ben­er­fül­lung hinaus­ge­hen und damit zu einem „Großen Ganzen“ beitra­gen.

Diese drei Aspekte finden sich alle auch wieder in aktu­el­len Diskus­sio­nen zu neuen Formen der Arbeits­or­ga­ni­sa­tion. Beispiels­weise geht  es darum, Selbst­or­ga­ni­sa­tion zu fördern und tradi­tio­nel­lere Manage­ment-Systeme abzu­lö­sen. Genau dann spielt die Moti­va­tion eine große Rolle. In neue­ren Orga­ni­sa­ti­ons­sys­te­men ist dies rund um den Themen­kom­plex „Agili­tät“ wieder zu finden – ganz  prak­tisch beispiels­weise im Buch „Reinven­ting Orga­ni­sa­ti­ons“.

Was heißt das für eine*n Arbeitgeber*in und Führungs­kräfte?

Frede­rick Herz­berg hat bereits 1959 in seiner Zwei-Fakto­ren-Theo­rie einleuch­tend erläu­tert, dass Moti­va­tion nicht von außen rein­ge­ge­ben werden kann, sondern durch die Arbeit an sich entste­hen muss. Dabei gibt es laut Herz­berg zwei Fakto­ren: Die einen, die Unzu­frie­den­heit verhin­dern – und die ande­ren, die Zufrie­den­heit schaf­fen können. Logi­scher­weise muss erst das eine gege­ben sein, bevor das andere entste­hen kann.

Was Führungs­kräfte und Arbeitgeber*innen daher gestal­ten müssen, sind im ersten Schritt die soge­nann­ten „Hygie­ne­fak­to­ren“. Diese berei­ten den Boden, damit Moti­va­tion über­haupt entste­hen kann. Hierzu zählen u.a. Sicher­heit des Arbeits­plat­zes, Arbeits­at­mo­sphäre, funk­tio­nie­rende IT, ange­mes­se­nes Gehalt, Klar­heit über Rollen im Team, etc. Diese Hygie­ne­fak­to­ren soll­ten­für Führungs­kräfte Prio­ri­tät haben.

Photo einer gemalten Blume mit Motivations- und Hygienefaktorenfaktoren.

Erst wenn diese Hygie­ne­fak­to­ren stim­men und poten­zi­elle Quel­len für Unzu­frie­den­hei­ten aus dem Weg geräumt sind, kann auf dieser Basis Moti­va­tion durch „Moti­va­ti­ons­fak­to­ren“ entste­hen. Dies sind laut Herz­berg u.a. tatsäch­li­che Arbeits­in­halte, Aner­ken­nung, Verant­wor­tung, Weiter­ent­wick­lungs­chan­cen. In der Essenz entspre­chen diese den drei von Pink erforsch­ten Moti­va­to­ren (Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten, Freude am Können und Sinn­stif­tung).

Alles also ganz einfach und logisch? Logisch schon, einfach leider nicht: Als Arbeitgeber*in und Führungs­kraft ist es mit rela­tiv hoher Wahr­schein­lich­keit deut­lich „einfa­cher“, ein klares Anreiz­sys­tem zu instal­lie­ren und mit Kontrol­len nach­zu­hal­ten. Um Moti­va­tion der Mitar­bei­ten­den nach­hal­tig zu fördern, gibt es hinge­gen keine ganz „einfa­chen“ Lösun­gen. Viel­mehr braucht es ein gutes Senso­rium für die Bedarfe der Mitar­bei­ten­den, hohes Vertrauen ins Team, klare Kommu­ni­ka­tion, Zeit, um Konflikte erken­nen und zu bear­bei­ten, gutes Dele­gie­ren, u.v.m. Doch entschei­dend ist aus unse­rer Sicht nicht, was einfa­cher einführ­bar ist, sondern viel­mehr was wirk­lich wirkt. Und da sind wir ganz bei Herz­berg und Pink.

Videos zu Dan Pink „Drive: The Surpri­sing Truth About What Moti­va­tes Us”

RSA ANIMATE: Drive: The surpri­sing truth about what moti­va­tes us

TED-Talk / Dan Pink über die über­ra­schende Wissen­schaft der Moti­va­tion (mit deut­schen Unter­ti­teln)