Stichwort Vertrauen – das war der Change Congress 2017 in Berlin
9. Oktober 2017 von Desiree Bösemüller
Für zwei unserer Kolleg*innen hieß es in der letzten Woche: Auf zum Change Congress in Berlin! Ob es Teil der Symbolik war, dass der Congress ausgerechnet im „Titanic“-Hotel stattfand? Titanic als das Schiff, das niemals sinken sollte und dann doch unterging – gemäß Film hatten die navigierenden Menschen einfach nicht früh genug den Weitblick bewiesen… Egal! Wichtig war: Bei diesem Congress ging es um das Stichwort „Vertrauen“, daneben wurde vor allem von und über Führungskräfte und den Mittelstand berichtet. Nachfolgend Impulse und Anregungen, die wir mit Ihnen teilen wollen:
Vertrauenskultur durch Misstrauen
Vor allem ist uns der Vortrag über „Das anständige Unternehmen – was erfolgreiche Führung wirklich ausmacht“ von Herrn Dr. Reinhard K. Sprenger im Gedächtnis geblieben. Dabei hat uns folgender Satz angesprochen: „Es ist wichtiger, dass wir Führungskräfte haben, die uns helfen uns selber zu vertrauen, als dass wir Führungskräfte haben, denen wir vertrauen können.“ Dies wurde wunderbar durch Felix Bongen (Organisationsentwickler bei VAUDE) ergänzt, indem er nochmal betonte, dass sich Vertrauen auch durch das Begehen von Misstrauensakten zeigt. Dann nämlich, wenn eine Kultur nicht in alte Muster des Kontrollierens verfällt, sobald Vertrauen ausgenutzt wurde, kann erst von einer Vertrauenskultur gesprochen werden. Es ist also wichtig, dass es für ein Vertrauen auch Misstrauen gibt. Beides ist jeweils kontextbezogen, wir sollten immer die Frage „Bezogen auf was vertrauen wir?“ stellen. Jos de Blok von Buurtzorg (bekannt aus dem Buch Reinventing Organizations von F. Laloux) vertraut seinen Teams – er meint, solange Aufgaben wir die einzelnen Mitarbeitenden überschaubar sind, können sie diese auch allein händeln.
Tipps für die Veränderung: Hin zur agilen Arbeitsweise
Tipps, die wir mitgenommen haben, sind:
- Entrümplungstage – vor allem auf den institutionellen Rahmen bezogen. Hier stellt sich die Frage: Was bringt uns wirklich weiter, was ist altes Kontrollmuster?
- Keep it small, keep it simple. Selbstorganisierte Teams sollten nicht größer als die Platzanzahl rund um den größten IKEA-Tisch sein. Aufgaben und Rollen sollten für jeden Mitarbeitenden überschaubar bleiben.
- Der Ideenscout. Er*sie erhält Budget und entscheidet, welche Ideen umgesetzt werden, die Führungskraft entscheidet, wann dies geschieht.
- Die eigene Selbstreflexion stärken. Wir brauchen wieder mehr Zeit zum Denken – und sollten sie uns aktiv nehmen, z.B. mit Denkertagen, Retrospektiven, Coachings…
- Weg vom Kontrolletti-Wahn! Das meint aber nicht, keine Zahlen mehr. Google beispielsweise nutzt Quartalsziele. Vor allem gilt: teambezogene Leistungsziele statt Individualziele.
- Das Denken in entweder oder gehört abgeschafft – wir sollten hin zu einem sowohl als auch.
- Unsicherheit braucht Sicherheit! Ein Rahmen, in dem sich Mitarbeitende frei und lernend bewegen können – also auch mal Fehler machen dürfen – schafft die nötige Sicherheit. Dazu zählt vor allem auch die gemeinsame Vision.
- Entwickeln einer Vision mit den Mitarbeitenden. Die Vision dient als Navigationshilfe. Die Mitarbeitenden sollten an der Entwicklung mitwirken, denn sie sind schließlich diejenigen, die die Vision mit Leben füllen.
Digitalisierung – auch hier keine Blue-Print-Ansätze
Aber wie sieht sie denn nun eigentlich aus – die digitale Zukunft?
„Der Wandel wird nie wieder so langsam sein wie heute.“ Es wurde also dafür geworben, auf den Zug der Veränderung aufzuspringen – schnell aber nicht zu schnell – eben so, dass es für die Organisation und die Menschen in dieser Organisation passt.
In mehreren Vorträgen ging es vor allem um „Dual Innovation“ – also um das Entwickeln von weiteren Geschäftsfeldern neben dem eigentlichen Kerngeschäft. Hier gab es die Empfehlung von Google entweder auszulagern oder Digital Market Units nah angeknüpft an den Vorstand in das Unternehmen zu integrieren. Wie geht das genau? Leider gibt es auch hier keinen Blue-Print-Ansatz, der einfach von einem Unternehmen auf das andere kopiert werden kann. Sicher ist aber, dass es Kompetenzaufbau braucht: Sowohl bei den Führungskräften als auch bei den Mitarbeitenden. Es wird soziale Spannungen und Widerstände geben – diese sollten aktiv angesprochen und „auf den Tisch gepackt werden“. Digitalisierung wird auch in den kommenden Jahren Top-Thema im Bereich Change bleiben. Wir freuen uns darauf!
Dies war ein kleiner Einblick in unsere Perspektive auf den Change Congress 2017. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare oder andere, weitere Perspektiven auf den Congress.