Von erzäh­len­den Affen, dem Ende der Illu­sion und 100 weite­ren Dingen

16. September 2022 von Kirsten Mieves

Es ist wohl so: Der Sommer ist vorbei. Das Schöne daran: Der Herbst beginnt. Und damit die Zeit der länger werden­den Abende, die man bei nass­kal­tem Wetter und einer Tasse Tee am schöns­ten mit einem guten Buch verbringt. Unsere denkmodell-Kolleg*innen haben ein paar Lese­tipps für Sie zusam­men­ge­tra­gen – mal mehr, mal weni­ger nah an der Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung.

Sie suchen noch ein gutes Buch? Lesen Sie hier, welche Bücher das denk­mo­dell-Team empfiehlt

Anna Schulte empfiehlt „Unlearn Patri­ar­chy“ von Lisa Jaspers, Naomi Ryland, Silvie Horch (Hrsg.)

„Seit Länge­rem beschäf­tigt mich die Frage, wie wir Gesell­schaft – und Orga­ni­sa­tio­nen als Teil davon – so gestal­ten können, dass Diver­si­tät nicht nur Schlag­wort ist. Wie können wir uns von Stereo­ty­pen und Zuschrei­bun­gen befreien, uns als Menschen sehen statt als „Frau“ oder „Mann“? Wie können wir verhin­dern, dass wir in Struk­tu­ren und mit unse­rem Verhal­ten dazu beitra­gen, dass sich Ungleich­hei­ten festi­gen und damit Poten­ziale nicht entfal­ten?  

„Unlearn Patri­ar­chy“ – wie wir uns von patri­ar­cha­li­schen Mustern und veral­te­ten Vorstel­lun­gen befreien können

Nach ihrem span­nen­den Buch Start­ing a Revo­lu­tion haben Lisa und Naomi mit „Unlearn Patri­ar­chy“ einen weite­ren tollen Beitrag dazu geleis­tet, diesen Fragen nach­zu­ge­hen. Was heißt es, patri­ar­chale Muster zu verler­nen? Mit 15 verschie­de­nen Fokus­sen gehen 16 groß­ar­tige Frauen auf eine zugleich fundierte und sehr persön­li­che Suche danach. Wie Lena Marba­cher zu „Unlearn Arbeit“, Made­leine Aliz­adeh zu „Unlearn Iden­ti­tät“, Teresa Brück­ner zu „Unlearn Fami­lie“ oder Kübra Gümü­say zu „Unlearn Spra­che“, um nur vier Beispiele zu nennen.  

Wer auf Spuren­su­che gehen möchte mit einem femi­nis­ti­schen Fokus, der*dem kann ich dies Buch nur wärms­ten empfeh­len. Dass es dabei nicht immer um Lernen, sondern eben häufig auch um bewuss­tes „Verler­nen“ geht, gefällt mir ganz beson­ders. Einfa­cher ist es sicher nicht …“ 

Marcus Quin­li­van hat folgende Inspi­ra­tion und einen Ever­green-Tipp für Sie:

„Ich bin bei Andreas Reck­witz „Ende der Illu­sio­nen“ inspi­riert hängen­ge­blie­ben. Beson­ders erhel­lend: die menta­len Denk­mo­delle, die Brexit, Trump, Instagram, Gene­ra­tion Y, Woke­ness-Debat­ten und Purpose-Verspre­chen verbin­den. Die Wirkun­gen dessen, was er beschreibt, erlebe ich bei Kund*innen – und bei uns selbst. Streng genom­men geht es bei Reck­witz zwar um Gesell­schaft, nicht um Orga­ni­sa­tio­nen. Aber der Schritt von der gesell­schaft­li­chen Kultur­ver­schie­bung zu gesell­schaft­li­chen Denk­mo­del­len von Orga­ni­sa­tion ist nicht groß, da könn­ten wir ihm gerne auf die Sprünge helfen. 🙂 Zu empfeh­len eher für Freunde des sozio­lo­gi­schen Diskur­ses mit einem Faible für bera­te­ri­sches Feuil­le­ton. 

Und noch ein Ever­green-Tipp von mir: Heike Faller: „Hundert“ Hundert Dinge, die wir im Laufe unse­res Lebens lernen, vom ersten bis zum 99. Lebens­jahr, poetisch illus­triert und auf eine eigen­tüm­lich berüh­rende Art exis­ten­zi­ell redu­ziert auf die wich­tigs­ten Botschaf­ten, die uns das Leben mitgibt.“ 

Ein Stapel historischer Bücher symbolisiert die Kraft von Geschichten.
Geschich­ten, die die Welt beweg(t)en – „Erzäh­lende Affen“ thema­ti­siert die kraft­volle Wirkung von Geschich­ten im Laufe der Zeit

Und dieses Buch möch­ten Ihnen gleich zwei unse­rer Kolle­gen ans Herz legen: „Erzäh­lende Affen“ von Samira El Quas­sil und Frie­de­mann Karig.

Phil­ipp Scharff schreibt dazu:

„Ein toll recher­chier­tes Buch über die Kraft von Geschich­ten und darüber, wie tief uns Narra­tive prägen, wie empfäng­lich wir für (gut erzählte) Geschich­ten sind und auch darüber, wie man solche Geschich­ten aufbaut und was das sowohl für unsere gesell­schaft­li­chen Debat­ten als auch für Verän­de­run­gen in Orga­ni­sa­tio­nen bedeu­tet …“ 

Julian‑G. Mehler hat es eben­falls gele­sen:

„Das Buch nimmt alle Schich­ten von Erzäh­lun­gen, Narra­ti­ven und Geschich­ten ausein­an­der, die die Welt beweg(t)en. Dabei geht es über grie­chi­sche Sagen, die Schöp­fungs­ge­schichte, Erzäh­lun­gen des Drit­ten Reiches, Facebook, Trump etc.. Geschich­ten werden teil­weise – insbe­son­dere von pola­ri­sie­ren­den Kräf­ten – sehr kraft­voll einge­setzt und prägen sugges­tiv unser Denken und unsere Wahr­neh­mung. Klem­pe­rer brachte es gut auf den Punkt: „Worte können sein wie winzige Arsen­do­sen: Sie werden unbe­merkt verschluckt, sie schei­nen keine Wirkung zu tun, und nach eini­ger Zeit ist die Gift­wir­kung da.“  

Span­nend fand ich auch, dass es kaum Heldin­nen in der Histo­rie gibt, sondern es faktisch immer Helden sind (von weite­rer Diver­si­tät ganz zu schwei­gen). Frauen sind übli­cher­weise eher die Antago­nis­ten. Und wenn sie mal Helden sind, dann vor allem sexua­li­siert darge­stellt oder eben­das als Waffe … Ein wert­vol­les Buch, das einige Facet­ten unse­rer Welt neu reflek­tie­ren lässt.“ 

Zu guter Letzt haben wir noch drei Klas­si­ker aus dem Kosmos der Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung für Sie (die übri­gens auch in unse­rer Bücher­kiste zur Ausbil­dung Bera­ter und Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung sind): 

„Zirku­lä­res Fragen“ von Fritz B. Simon und Chris­tel Rech-Simon 

Das Buch ist ein Klas­si­ker und seit vielen Jahren unsere Empfeh­lung. Es nimmt die Leser*innen mitten mit hinein in die „hohe Kunst des Fragens“ und liefert eine Fülle span­nen­der Beispiele. Dabei lässt es die Leser*innen wirk­lich erle­ben, wie Gesprä­che an Tiefe gewin­nen, sich völlig neue Perspek­ti­ven für die Befrag­ten öffnen und Geschich­ten ganz neu lesen lassen … 

Der Klas­si­ker „Zirku­lä­res Fragen“ illus­triert die wich­tigs­ten thera­peu­ti­schen Frage­tech­ni­ken am Beispiel konkre­ter Fälle und Inter­views

Humble Consul­ting – Die Kunst des vorur­teils­lo­sen Bera­tens“ von Edgar Schein  

Die 10 Prin­zi­pien von Edgar Schein sind ein wich­ti­ger Kompass für Berater*innen. Sein Buch „Humble Consul­ting“ ist dazu eine wunder­bare Ergän­zung oder besser gesagt: wunder­bare Vertie­fung. Denn Schein spricht sich aus für eine neue Form der Kund*innen-Beziehung: persön­li­cher, vertrau­ens­vol­ler, offe­ner. Wer bera­te­ri­sche Haltung als eine der zentra­len Säulen der Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung beson­ders betrach­ten will, findet in diesem Buch Inspi­ra­tion. 

„New Work needs Inner Work“ von Joanna Brei­den­bach und Bettina Rollow 

Immer mehr Orga­ni­sa­tio­nen suchen nach neuen Arbeits­mo­del­len, die es ihnen ermög­li­chen, agiler und selbst­or­ga­ni­sier­ter zu arbei­ten – und sind oft über­rascht, wenn das schwie­ri­ger ist, als gedacht. Warum das so ist, damit beschäf­tigt sich das Buch „New Work needs Inner Work“. Wie es das tut, das beschreibt unser Kollege Julian‑G. Mehler in seinem Blog­bei­trag „New Work needs Inner Work: Was es für eine gelun­gene Trans­for­ma­tion zur Selbst­or­ga­ni­sa­tion braucht“

Trans­for­ma­tion als stei­ni­ger Pfad – Inner Work ist oft reibungs­voll und anstren­gend, führt die Orga­ni­sa­tion aber schnel­ler an den Kern der Trans­for­ma­tion

Mehr Infor­ma­tio­nen zur „Ausbil­dung Bera­tung und Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung“ finden Sie hier.