Verständlich und persönlich schreiben – ein Erfolgsfaktor
13. November 2018 von Kathrin Jurgenowski
Komplizierte, gestelzte Formulierungen erzeugen Distanz. Das mag im Einzelfall erwünscht sein. Doch vorrangig geht es in der beruflichen Kommunikation um Verständlichkeit und eine freundliche Haltung. Deshalb sollten Sie Ihre Schriftsprache entstauben.
Beginnen wir mit etwas Lästigem: Sie erhalten einen Brief vom Finanzamt. Sie müssen ihn drei Mal lesen, um ihn zu verstehen. Und besonders freundlich wirkt das Schreiben auch nicht. Es ist in sogenanntem „Amtsdeutsch“ formuliert. Behördensprache soll möglichst unangreifbar sein, sachlich und präzise. Darüber hinaus hat dieser Stil noch einen Beziehungseffekt: Sie als Leser*in sollen ja nicht den Eindruck gewinnen, hier schreibe Ihnen ein*e nette*r Finanzbeamte*r. (Sonst kommen Sie womöglich noch auf die Idee, da drücke jemand auch mal ein Auge zu!) Der amtliche Stil dient dazu, sich Respekt zu verschaffen. Hier schreibt nicht der Mensch, sondern die Institution.
Zum Glück haben sogar Behörden inzwischen erkannt, dass eine derart gestelzte und umständliche Sprache zu Verständigungsschwierigkeiten führt und letztlich Ressourcen bindet. In Unternehmen und Organisationen ist sie ohnehin fehl am Platz. Trotzdem tendieren viele Menschen dazu, sich in der beruflichen Kommunikation zumindest an diesem Behördenstil anzulehnen.
Dahinter steckt oft die Sorge, durch den Verzicht auf Floskeln und vermeintlich gängige Formulierungen angreifbar oder ungebildet zu wirken. Doch Sie zahlen einen Preis dafür. Mit jedem Text knüpfen Sie Kontakt zum Leser oder zur Leserin. Ob Sie wollen oder nicht, Sie gehen für die Dauer des Schreibprozesses eine Beziehung zu dieser Person ein. (Die Leser*innen wiederum gehen während der Lektüre eine Beziehung zu Ihnen ein.) Und wenn Sie verständlich und lebendig formulieren, statt auf Floskeln zurückzugreifen, können Sie diese Beziehung positiv gestalten.
Einfach schreiben heißt Stärke zeigen
Das oberste Gebot in der schriftlichen Kommunikation ist die Verständlichkeit. Was Verständlichkeit ist, hängt natürlich davon ab, wer Ihren Text lesen soll. Die Verwendung von Fachsprache beispielsweise ist in Fachkreisen selbstverständlich. Laien gegenüber aber schaffen Sie damit – siehe oben – Distanz. Schon bevor Sie Ihren Text schreiben, müssen Sie sich daher ein paar Gedanken über Ihre Adressaten machen. Dennoch gilt: Auch Fachkolleginnen und ‑kollegen freuen sich, wenn Sie sich möglichst einfach ausdrücken.
Befürchten Sie, mit einer unkomplizierten Sprache unprofessionell zu wirken? Das Gegenteil ist der Fall: Komplexe Inhalte verständlich darzustellen, ist ein echter Wettbewerbsvorteil. Erstens beweisen Sie damit Abstraktionsvermögen. Sie sind in der Lage, auf das Wesentliche zu fokussieren. Und außerdem zeigen Sie durch das Bemühen um Verständlichkeit, dass Sie den Empfänger oder die Empfängerin respektieren: „Ich möchte, dass du mich verstehst!“ Die innere Bereitschaft der Leser*innen, Ihren Text wirklich aufzunehmen und Ihrer Argumentation zu folgen, erhöht sich dadurch immens! Eine klare, verständliche Sprache kann also zum Erfolgsfaktor werden.
Der richtige Tonfall verbessert Beziehungen
Wie Sie etwas ausdrücken, ist in der Schriftsprache noch wichtiger als in der mündlichen Kommunikation. Denn wenn Sie einer Person gegenüberstehen, können Sie mit Mimik, Stimme und Gestik die richtigen Signale setzen. Diese sogenannten qualifizierenden Botschaften helfen, das „Gemeinte“ zu entschlüsseln. Beim Schreiben hingegen kommunizieren Sie nur über einen Kanal: eben Ihren Text. Sie können also nicht sehen, wie Ihre Nachricht ankommt. Und je nachdem, wie konfliktträchtig das Thema ist, können sogar Botschaften in Ihren Text „hineingelesen“ werden, die Sie gar nicht mitschicken wollten. (Weshalb Sie auch niemals Konflikte per E‑Mail austragen sollten, dazu ein andermal mehr.) Es lohnt sich also, persönlich zu formulieren und für einen guten Kontakt zur*m Leser*in zu sorgen.
Die Grundlage dafür legen Sie mit einer freundlichen, frischen Sprache. Dies bedeutet u. a., dass Sie versuchen, Ihren schriftlichen Ausdruck dem mündlichen anzunähern. Sprechen Sie Ihr Gegenüber direkt an, aber lassen Sie auch sich selbst und Ihre Rolle nicht aus. Nehmen Sie eine offene Haltung ein. Und vergessen Sie das alte Vorurteil, einen Satz mit „ich“ zu beginnen sei schlechter Stil. Sprechen Sie nicht nur von sich – aber verstecken Sie sich auch nicht hinter Textbausteinen.
Der Effekt: Sie zeigen sich als Person. Ihre Leser/innen spüren, dass Sie Kontakt aufnehmen. Ihre Sprache wirkt lebendig. Wenn Sie diese Haltung mit verständlichen und sinnvoll ausgewählten Informationen verbinden, senden Sie kongruente, positive Signale: „Ich kenne dich, Leser*in, und respektiere deine Bedürfnisse. Ich nehme dich wahr.“ Damit gewinnen Sie die Leserinnen und Leser für sich. Und übrigens auch Finanzbeamte. Für den Fall, dass Sie einmal zurückschreiben müssen.
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